Briefmarken
Briefmarkenfüchse bei der Arbeit
Sie kleben auf Umschlägen und Postkarten, zeigen berühmte Persönlichkeiten, Blumen, Tiere, Gebäude oder Zeichnungen und reisen durch die ganze Welt: Briefmarken. Einige von ihnen landen als Spenden in den Pidinger Werkstätten, wo sie ausgeschnitten, sortiert und weiterverkauft werden, an Händler oder beim alljährlichen Christkindlmarkt. Das sichert nicht nur Arbeitsplätze, sondern bereitet auch allen Beteiligten jede Menge Freude, allen voran dem ehrenamtlichen Experten Wolfgang Hölzl.
Fröhlich und mit bester Laune läuft der 62-Jährige aus Bischofswiesen durch die Räume der Schongruppe. Mit einem Riesenspaß und seit Kindertagen widmet sich der Maschinenbaukonstrukteur im Ruhestand seinem großen Hobby: dem Sammeln von Briefmarken aus aller Welt. Seine eigene Sammlung konzentriert sich ausschließlich auf Exemplare aus Papua-Neuguinea. Ein bis zwei Mal im Monat hilft Wolfgang Hölzl in den Pidinger Werkstätten und sortiert mit einigen Mitarbeitern haufenweise gespendetes Briefmarkenmaterial. Vor 15 Jahren hat er damit angefangen und er ist nach wie vor mit Begeisterung bei der Sache. Heute stehen gleich mehrere große Einkaufstüten mit Briefmarken auf Hölzls Tisch, einige sind grob ausgeschnitten, anderen kleben noch auf einem Briefumschlag. Mit geübtem Auge und flotten Händen sortiert der Briefmarken-Freak alles durch und freut sich. „Das ist jedes Mal wie eine Wundertüte zu öffnen“.
Die Spenden kommen von Firmen, Behördern, von der Post und aus Ämtern. Gestern erst war Wolfgang Hölzl in München und hat ganze Kartons mitgebracht, unter anderem von BMW. Auch viele Privatpersonen darunter sogar ein Holländer, unterstützen mit ihren Briefmarken – manchmal werden ganze Alben abgegeben – die Pidinger Werkstätten, wo Mitarbeiter mit Behinderung die Exemplare für Sammler konfektionieren und aufbereiten. Fein säuberlich schneiden sie die Marken aus, vernichten aus Datenschutzvorgaben die Restumschläge und sortieren sie nach verschiedenen Gebieten. Aus den Einkaufstüten fischt Wolfgang Hölzl ein paar alte griechische Marken, sowie Exemplare aus Bayern und Baden Württemberg. Wie Aschenputtel trennt er die Spreu vom Weizen und legt die wertvolleren Briefmarken zur Seite. „Ich freue mich selbst, wenn ich was finde“, sagt er und ist vor Aufregung ganz kribbelig. Das nicht so besondere Material wird zusammengepackt und nach Kilogrammpreis an Händler weiterverkauft. Alles andere wird Sammlern beim alljährlichen Christkindlmarkt der Werkstätten angeboten. Stets hat Experte Wolfgang Hölzl das Wohl der Einrichtung im Auge, deshalb will er auch einen möglichst guten Gewinn aus dem Briefmarkenverkauf schlagen. So wie mit den Heuss-Briefmarken, die er in einem Schuhkarton erspähte und für die er einige Hundert Mark kassieren konnte.
Perfekte Netzwerkarbeit
Berührungsängste mit den Mitarbeitern aus der Schongruppe hat Wolfgang Hölzl keine. „Grias di Wolfgang“, schallt es ihm schon an der Tür entgegen, wenn er wieder mal draußen ist in Piding und sich sein Arbeitsplatz unter lauter neuen Spendenbergen biegt. „Man freut sich, wenn ich komme und das ist schön“, sagt der 62-Jährige und gibt Briefmarken zum weiteren Ausschneiden an Rita weiter, die konzentriert die Schere ansetzt. „Mit der Weiterverarbeitung von Briefmarken schaffen wir attraktive Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderung“, freut sich Hermann Seeböck, Geschäftsführer der Pidinger Werkstätten. „Diese Beschäftigung hat durch den Verkauf der sortierten Marken eine Wertigkeit, die man auf den ersten Blick gar nicht vermutet“. Umso dankbarer sei er, dass man auf das schier unbegrenzte Know-How von Wolfgang Hölzl zurückgreifen könne. „Über so engagierte Ehrenamtliche und die zahlreichen Spender bekommen wir außerdem eine hervorragende Möglichkeit, uns nach draußen zu vernetzen“, sagt Seeböck, „und davon lebt eine Einrichtung wie die Werkstätten“. Und welche Marke hätte Experte Wolfgang Hölzl gerne mal zwischen der Pinzette? „Eine Blaue Mauritius“ – natürlich. Oder einen bayerischen „Schwarzen Einser“ aus dem Jahr 1849. Er war die erste Briefmarke, die in Deutschland ausgegeben wurde. Trotz einer recht hohen Auflage von 832.500 Stück ist der „Schwarze Einser“ bei Sammlern sehr beliebt und erreicht Preise von 1.000 bis 3.000 Euro. „Das wäre was“, sagt Hölzl und sortiert munter weiter. Wer weiß, was er noch findet.